LESERBRIEF / LETTER TO THE EDITOR
Orthopaedics Traumatology
Sports Orthop. Traumatol. 31, 68 (2015) ß Elsevier GmbH www.SOTjournal.com http://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2014.12.003
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LESERBRIEF
Return-to-competition nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes Mit Freude und Interesse stelle ich fest, dass in der Sportmedizin einem bekannten Problem zunehmend Raum eingera¨umt wird, na¨mlich der Frage: Wann kann ein Athlet nach operativer Versorgung einer Kreuzbandruptur wieder uneingeschra¨nkt am Wettkampfsport teilnehmen? Dieses Problemfeld wurde zuletzt nicht nur auf dem Symposium Hochleistungssport in Berlin im November behandelt, sondern auch aktuell bei der DOSB-Tagung in Oberursel. In Zusammenarbeit mit der VBG wurde zudem eine Expertenkommission gegru¨ndet, die sich dieser Fragestellung aktuell widmet. Es gibt viele Bestrebungen, die ,,Leistungsfa¨higkeit‘‘ eines kreuzbandoperierten Knies durch funktionelle Tests zu evaluieren. In diesem Bereich haben sich u.a. Arbeitsgruppen aus Luxemburg hervorgetan. Es werden ,,Testbatterien‘‘ entwickelt, die mit sportmotorischen Tests Ergebnisse liefern wollen, die uns reproduzierbare Daten geben, ab wann ein Knie nach Operation des Kreuzbandes wieder voll wettkampffa¨hig ist. Bei Betrachtung dieser funktionellen Tests mo¨chte ich eines zu bedenken geben. Der Proband antizipiert die Belastung, die auf ihn zukommt. Seien es die single-leg-hop-tests, seien es drop vertical jump-test, 6-min-hop-test, triple-hop-test auf Distanz etc., immer weiß der Proband, was auf ihn zukommt. Wir wissen aus der Betrachtung der Biologie des Transplantates, dass im Rahmen der sog. ,,Ligamentisierung‘‘ Vera¨nderungen in der stiffness des Transplantates resultieren, die einen erheblichen Verlust der Reißfestigkeit beinhalten. Aus Tierversuchen wissen wir, dass die ,,Ligamentisierung‘‘ bis zu einem Jahr beno¨tigt, dass es aber la¨nger dauert, bis das Transplantat ,,anna¨hernd‘‘ die Reißfestigkeit eines normalen Kreuzbandes hat (Kollagen-crimp; fru¨he Arbeiten von Bosch und Kaspercyk). Das Transplantat macht deutliche Schwa¨chungsphasen durch mit einer Reißfestigkeit von gerade mal 20 bis 30% eines normalen Kreuzbandes und dieses u¨ber mehrere Monate. Aus meiner Sicht wa¨re es also mindestens genauso wichtig, dass man bei der Evaluation der ,,Leistungsfa¨higkeit‘‘ eines kreuzbandoperierten Knies die Biologie des Transplantates beachtet. Ein kreuzbandoperiertes Knie wird im Wettkampfsport kurzzeitigen Belastungen ausgesetzt, die der Athlet nicht antizipiert, wo es also zum plo¨tzlichen Trauma auf das Knie kommt, welches gar nicht so schnell kompensatorisch abgefangen werden kann (Stichwort: physiologische Reflexleitzeit). In solchen Momenten muss das Transplantat schlicht und einfach genu¨gend Festigkeit haben, um nicht zu reißen. Es sollte also meiner Meinung nach mehr auf die Biologie des Transplantates geschaut werden. Eventuell gelingt es durch bildgebende Verfahren, durch spezielle Techniken der Magnetresonanztomographie, mehr u¨ber die Reißfestigkeit des Transplantates zu erfahren. Eventuell gelingt es, Kriterien der Bildgebung zu entwickeln, die uns mehr Gewissheit u¨ber den biologischen Zustand des Transplantates geben, also u¨ber seine Reißfestigkeit. Dies scheint mir mindestens so wichtig wie die Evaluation des Knies in den oben genannten funktionellen sportmotorischen Testbatterien. Ich fu¨rchte, dass heutzutage Athleten nach einer Kreuzband-Operation viel zu fru¨h in den Wettkampfsport zuru¨ckkehren. Die nicht unerheblichen Rerupturraten mu¨ssen das vermuten lassen. Dr. Stefan Nolte Hellersen Verbandsarzt DSB Available online at www.sciencedirect.com
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