Untersuchung der Mechanorezeptoren im vorderen Kreuzbandstumpf nach Ruptur

Untersuchung der Mechanorezeptoren im vorderen Kreuzbandstumpf nach Ruptur

ORTHTR 10847 No. of Pages 3 JOURNAL CLUB Orthopaedics Traumatology Sports Orthop. Traumatol. xx, xx–xx (2016) ß Elsevier GmbH www.SOTjournal.com ht...

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ORTHTR 10847 No. of Pages 3

JOURNAL CLUB

Orthopaedics Traumatology

Sports Orthop. Traumatol. xx, xx–xx (2016) ß Elsevier GmbH www.SOTjournal.com http://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2016.02.003

and

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Untersuchung der Mechanorezeptoren im vorderen Kreuzbandstumpf nach Ruptur

Originalpublikation: Gao F, Zhou J, He C, et al. A Morphologic and Quantitative Study of Mechanoreceptors in the Remnant Stump of the Human Anterior Cruciate Ligament. Arthroscopy 2016;32(2):273-280.

B. Drews1, G. Bauer2 1 Klinik fu¨r Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Universita¨tsklinikum Ulm 2 Sportklinik Stuttgart

N

eben der mechanisch stabilisierenden Funktion besitzt das vordere Kreuzband (VKB) auch propriozeptive Eigenschaften. Bei der Ruptur des VKB kommt es somit auch zu einer Unterbrechung des neuromuskula¨ren Reflexes und damit zu einer funktionellen Instabilita¨t des Knies. Der Erfolg der VKB-Rekonstruktion ha¨ngt nicht nur von der mechanischen, sondern auch von der propriozeptiven Wiederherstellung des VKB ab. Dies fu¨hrte zu einem wachsenden Interesse an der Stumpf-erhaltenden VKB-Rekonstruktion auch auf wissenschaftlicher Ebene. Innerhalb dieser Studien herrscht jedoch eine Kontroverse u¨ber die Abha¨ngigkeit der Zahl der Mechanorezeptoren und die Zeit nach Trauma. Die Hypothese dieser Studie war es, dass die Zahl der Mechanorezeptoren negativ mit der Zeit zwischen Trauma und OP korreliert.

Methodik Bei 40 Patienten (27  8,7 Jahre) erfolgte im Rahmen einer VKB-Rekonstruktion die Resektion des VKB-Stumpfes. Die operative Versorgung erfolgte im Schnitt 335,4 (4-1088) Tage nach Trauma. Die histologische Aufbereitung erfolgte

B. Drews, G. Bauer



mittels HE-Fa¨rbung und einer immunhistochemischen Analyse.

Ergebnisse Die verschiedenen Mechanorezeptoren wurden in unterschiedlicher Ha¨ufigkeit in den VKB-Stu¨mpfen gefunden. Ruffini-Ko¨rper zeigten sich am ha¨ufigsten (87,5%), wa¨hrend Golgi-Sehnenorgane nur in 32,5% der Stu¨mpfe zu finden waren. Pacini-Ko¨rper und atypische Mechanorezeptoren waren in etwa der Ha¨lfte der Fa¨lle zu finden (52,5% bzw. 57,5%). Das Verha¨ltnis zwischen der Zeit vom Trauma zu OP und der Ha¨ufigkeit von Mechanorezeptoren zeigte in allen Fa¨llen einen negativen (dekadischen Logarithmus) Zusammenhang. Die Menge an RuffiniKo¨rpern nahm schneller ab als die von Pacini-Ko¨rpern und Golgi-Sehnenorganen, wobei bei Letzteren das Ergebnis nicht signifikant war. Außerdem nahm im Verlauf das Volumen der Stu¨mpfe signifikant ab.

Diskussion In bisherigen Studien war der Zusammenhang zwischen der Zeit vom Trauma zu OP und der Abnahme von Mechanorezeptoren in den

Stu¨mpfen uneinheitlich beschrieben. Dies kann zum Teil bedingt sein durch die Menge an reseziertem Stumpf und der histologischen Aufbereitung. In der vorliegenden Studie wurde zwar eine deutliche Abnahme gesehen, jedoch wurden auch bei Stu¨mpfen > 4 Jahre nach Trauma noch Mechanorezeptoren nachgewiesen. Im Gegensatz zu anderen Studien zur Ha¨ufigkeit von Mechanorezeptoren konnte in dieser Studie kein Zusammenhang zu Alter oder sportlichem Anspruch der Patienten gefunden werden. Zusammen mit den Ergebnissen klinischer Studien ist der Stumpferhalt in der VKB-Rekonstruktion auch aus diesen Ergebnissen zu empfehlen.

Kommentar Auch wenn durch die geringe Fallzahl in dieser Studie die Signifikanzen mit Vorsicht zu verwerten sind, zeigt sich dennoch eine Tendenz mit Abnahme von Mechanorezeptoren und Volumen des Stumpfes u¨ber die Zeit. Somit ko¨nnte man postulieren, dass eine Stumpf-erhaltende Kreuzbandrekonstruktion mo¨glichst fru¨hzeitig stattfindet sollte, um das optimale Potential der propriozeptiven Eigenschaften des Stumpfes auszunutzen.

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Der Effekt des traumatischen H€amarthros auf den Gelenkknorpel Bisherige Studien haben gezeigt, dass Kniegelenksverletzungen z.B. im Rahmen von Sportunfa¨llen zu einer beschleunigten Arthroseentwicklung fu¨hren. Selbst ohne osteochondrale Fraktur oder ligamenta¨re La¨sion kann das Knorpeltrauma zu einer Arthrose fu¨hren. Der Pathomechanismus ist jedoch bislang nur teilweise verstanden. Neben dem Einfluss des direkten Knorpeltraumas auf die Ausschu¨ttung von proinflammatorischen Zellen wird nach In-vitro-Studien auch dem posttraumatischen Ha¨marthros ein knorpelscha¨digender Effekt zugeschrieben. Diese Studie soll zeigen, ob dieses Ha¨marthros einen zusa¨tzlichen Effekt zum Knorpelschaden in Bezug auf Zelltod, proinflammatorische Reaktion und Knorpeldegeneration hat.

Methodik Humane, makroskopisch intakte Knorpelexplantate wurden kultiviert. An der Ha¨lfte der Knorpelkulturen wurde mit 0,59J ein Stauchungstrauma simuliert. Hiervon wurden wiederum die Ha¨lfte mit Frischblut fu¨r 24-96 Stunden kultiviert. Im Anschluss wurde die RNA isoliert und mittels Real-time-PCR aufgeschlu¨sselt. Des weiteren erfolgte die Quantifizierung der Zytokinlevel. Der Anteil an lebenden und

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toten Chondrozyten wurde analysiert. Parallel erfolgte ein In-vivoVersuch an New Zealand White Rabbits. Hier erfolgte ebenfalls eine lokalisierte Knorpeltraumatisierung sowie die intraartikula¨re Injektion von veno¨sem Blut. Die Analyse des Knorpels sowie der Synovialflu¨ssigkeit erfolgte nach 1 bzw. 12 Wochen.

Ergebnisse In der In-vitro-Studie zeigten sich ein signifikant ho¨herer Spiegel von IL-1ß, PGE2, Matrix-Metalloproteinasen und ein vermehrter Zelltod bei zusa¨tzlicher Zugabe von Blut zum traumatisierten Knorpel. Dieser Effekt konnte in der In-vivo-Untersuchung nicht besta¨tigt werden. Es zeigte sich in den Fa¨llen mit induziertem Trauma eine signifikant vermehrte Arthroseentwicklung, welche durch ein Ha¨marthros nicht versta¨rkt wurde. Wa¨hrend das Ha¨marthros die persistierende Exposition von terminalem Komplementkomplex erho¨hte, reduzierte es zeitgleich die Osteophytenbildung sowie die Ausschu¨ttung von TNF-a.

Diskussion Wie in vorangegangenen Studien konnte ein vergleichbarer Effekt von isoliertem Trauma bzw. Blutung auf den Zelltod im Knorpel in-vitro

Originalpublikation: Joos H, Leucht F, Riegger J, et al. Differential Interactive Effects of Cartilage Traumatization and Blood Exposure In Vitro and In Vivo. Am J Sports Med. 2015;43 (11):2822-2832.

gezeigt werden. Erstmalig konnte zudem der versta¨rkte kombinierte Effekt von Trauma und Blutexposition auf den Knorpelzelltod gezeigt werden. Die in-vivo gesehene Reduktion der Osteophytenbildung bei zusa¨tzlicher Blutexposition ko¨nnte durch Makrophagen-produzierte IL-1-Rezeptorantagonisten erkla¨rt werden. Der ebenfalls reduzierte Spiegel von TNF-a ko¨nnte durch protektive Faktoren im Blut, wie sie auch beim Plateled-rich Plasma beschrieben werden, erkla¨rt werden. Bisherige Tiermodelle zeigten einen Effekt auf den Gelenkknorpel nach mehrfachen Blutinjektionen. Dies ko¨nnte den Unterschied zu diesen Ergebnissen mit nur einer einmaligen Blutexposition erkla¨ren. Diese Ergebnisse geben einen Hinweis darauf, dass eine einmalige intraartikula¨re Blutung nach Trauma keinen Einfluss auf die Knorpelentwicklung hat.

Kommentar Ob ein posttraumatisches Ha¨marthros nach Kniegelenkstrauma mittels Punktion oder sogar arthroskopischer Spu¨lung entlastet werden muss, wird regelma¨ßig kritisch diskutiert. Da hierbei das vorrangige Argument fu¨r die Intervention die Knorpelprotektion ist, wird durch diese Studie dies erstmalig infrage

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gestellt. Der scheinbar entscheidende Faktor der Dauer der Blutexposition ist in den meisten Fa¨llen bereits durch fru¨hzeitig begonnene physi-

kalische Maßnahmen wie Kompression und Ku¨hlung beeinflussbar, womit die Entlastungspunktion respektive Ha¨marthrosausspu¨lung eine

– klinisch abha¨ngige – Ausnahme bleiben sollte.

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