JOURNAL CLUB
Orthop€adie Traumatologie
Sport Orthop. Traumatol. 30, 72–73 (2014) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/SportOrthoTrauma http://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.10.008
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Ver€ anderung des Muskelvolumens und der Achillessehnenl€ange im Langzeitverlauf nach Achillessehnenruptur
Originalpublikation: Rosso C et al. Long-term outcomes of muscle volume and Achilles tendon length after Achilles tendon ruptures. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2013; 21: 1369-1377.
Bjo¨rn Drews, Gerhard Bauer Sportklinik Stuttgart
D
ie Muskelatrophie ist nach Achillessehnenrekonstruktion ein wichtiger Faktor in Bezug auf das Outcome. Dies wurde bereits auch in mehreren Studien an anderen Sehnen nachgewiesen. Bei Sportlern gilt die operative Versorgung der konservativen Therapie als u¨berlegen, obwohl hier Langzeitergebnisse fehlen. Diese Studie soll untersuchen, inwiefern das Therapieverfahren (offene OP, perkutane OP, konservativ) die Muskelatrophie, die Achillessehnenla¨nge und das klinische Outcome beeinflusst.
Methodik Die Studie wurde retrospektiv, Untersucher-geblindet und als Multicenter-Kohortenstudie durchgefu¨hrt. 52 Patienten (20-65 Jahre) mit Z.n. einseitiger Achillessehnenruptur wurden im Schnitt 91 31,3 Monate post interventionem nachuntersucht. Die Nachbehandlung war bei allen Patienten identisch. 21 Patienten wurden offen operiert, 16 Patienten perkutan und 15 Patienten wurden konservativ therapiert. Die Evaluierung der Muskelatrophie und der Sehnendegeneration erfolgte mittels MRT beider Unterschenkel im Seitenvergleich. Das klinische Outcome wurde mithilfe des SF36, des ATRS, des AOFAS und des Hannover Scores bestimmt.
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Ergebnisse Die klinischen Scores zeigten durchweg gute bis exzellente Ergebnisse ohne signifikante Unterschiede zwischen den Behandlungsverfahren. Das Muskelvolumen korrelierte nur gering mit dem Hannover Score. Der maximale Wadenumfang zeigte einen signifikanten Unterschied zwischen betroffenem und gesundem Bein. Das Muskelvolumen war im Schnitt um 17% reduziert. Es zeigte sich kein Unterschied zwischen operativer und konservativer Therapie, wobei jedoch die perkutan operierten Patienten insgesamt den gro¨ßten Verlust an Muskelvolumen aufwiesen. Der M. soleus und der M. gastrocnemius waren gleichermaßen beeinflusst. Die La¨nge der Achillessehne zeigte sich im Seitenvergleich in allen Gruppen um ca. 10% verla¨ngert ohne signifikante Unterschiede zwischen den Therapieverfahren.
Diskussion Diese Studie zeigt keinen signifikanten Unterschied bezu¨glich des MRT und der klinischen Scores zwischen den drei Therapieverfahren. Auch wurde gezeigt, dass u¨ber 7,5 Jahre nach Intervention weiterhin eine Atrophie sowie fettige Infiltration des betroffenen Muskels bestehen bleibt. Dies ist korrespondierend zu
Untersuchungen am M. supraspinatus. Alle klinischen Scores zeigten gute bis exzellente Ergebnisse, was vergleichbar mit vorangegangenen Studien ist. Trotz geringerer Atrophie im Vergleich zu Studien mit kurz- bis mittelfristigem FU konnte keine Verbesserung der klinischen Scores gesehen werden. Die CSA (cross sectional area) wie auch die MCC (maximum calf circumference) konnten als sehr gute Vorhersagewerte des Muskelvolumens gesehen werden. Dies la¨sst eine kostengu¨nstige Messung mittels Sonographie zu.
Kommentar Die Kernaussage dieser Studie ist, dass unabha¨ngig vom verwendeten Therapieverfahren eine Muskelatrophie und -verfettung nach Achillessehnenruptur gleichermaßen auftritt und auch im Langzeitverlauf bestehen bleibt. Somit fu¨hrt die ada¨quate Therapiewahl beim korrekten Patienten zu vergleichbaren morphologischen Ergebnissen. Wie auch die Autoren schon bemerken, wird die Aussagekraft der Studie eingeschra¨nkt durch einen Selection bias, welcher Patienten mit schlechtem Interventionsergebnis mit eventuell auch insuffizienter Heilung ausschließt. Außerdem wurde die Therapiewahl bei den Patienten aufgrund des retrospektiven Designs nicht randomisiert ausgewa¨hlt.
Ver€anderung des Muskelvolumens und der Achillessehnenl€ange im Langzeitverlauf nach Achillessehnenruptur
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Diagnostische Differenzierung von kompletten versus partiellen Rupturen des vorderen Kreuzbandes
Originalpublikation: Dejour D et al. The Diagnostiv Value of Clinical Tests, Magnetic Resonance Imaging, and Instrumented Laxity in the Differentiation of Complete Versus Partial Anterior Cruciate Ligament Tears. Arthroscopy 2013; 29 (3):491-99.
Bjo¨rn Drews, Gerhard Bauer Sportklinik Stuttgart
Die partielle Ruptur des vorderen Kreuzbandes kann mitunter schwierig zu diagnostizieren und zu behandeln sein. Aufgrund der Untersucherabha¨ngigkeit klinischer Tests sind reproduzierbare, objektive Tests vonno¨ten. Aber auch hier ist die Effizienz bislang fragwu¨rdig. Auch die Visualisierung mittels MRT erscheint alleinig als nicht ausreichend. Die vorliegende Studie soll einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Rupturformen des VKB und der diagnostischen Vorhersagekraft anstellen.
Methodik 300 High-Level-Sportler mit isolierter Verletzung des VKB wurden prospektiv in die Studie eingeschlossen. Klinisch wurden der Lachman und der Pivot-shift-Test durchgefu¨hrt. Radiologisch erfolgten eine Messung mit dem Telos-Apparat sowie ein MRT mit Standardsequenzen. Die Verifizierung des Verletzungsmusters erfolgte in der folgenden Arthroskopie.
Ergebnisse 59% der Patienten zeigten eine komplette Ruptur (KR), 41% nur
eine partielle Ruptur (PR). Ein Lachman >5 mm zeigte sich in 99% der KR und nur in 32,6% der PR (unabha¨ngig ob AM- oder PL-Bu¨ndelruptur). Der Pivot-shift-Test zeigte einen Grad +2/+3 bei 86,4% der KR und einen Grad 0/+1 bei 76,4% der PR. Der Telos-Stress-Test zeigte eine durchschnittliche SSD (Side-to-sideDifferenz) von 9,1 3,4 mm fu¨r KR und 5,2 2,9 mm fu¨r alle PR. Auch hier bestand kein Unterschied zwischen den einzelnen Paritalrupturen. Lediglich der Anteil an funktionellen Fasern im Restligament beeinflusste die gemessene Laxita¨t (6 mm vs. 4 mm). Die Kombination aus Pivot shift Test und Telos-Messung fu¨hrt bei PR zu einer Spezifita¨t von 0,9-0,92 und einer Sensitivita¨t von 0,56-0,72. Das MRT korrelierte bezu¨glich PR in keiner Form mit den Befunden der Arthroskopie.
Diskussion Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass mit den verwendeten Testverfahren eine Differenzierung der PR nicht mo¨glich ist. Andererseits la¨sst sich jedoch unterscheiden zwischen PR mit hohem und niedrigem Anteil
an verbleibenden funktionellen Fasern. Dies wiederum kann die Entscheidung Pro und Kontra einer operativen Versorgung beeinflussen. Die geringe Aussagekraft des MRT bei PR ist vergleichbar mit anderen Studien.
Kommentar Diese Untersuchung zeigt zum einen sehr gut, dass eine einzelne Untersuchung, insbesondere eine alleinige klinische Untersuchung, bei der Detektion von partiellen VKB-Rupturen nicht ausreichend ist. Zum anderen wird die Relevanz des Anteils an funktionellen Fasern im Restbu¨ndel fu¨r die Stabilita¨t herausgestellt. Diese wiederum ist ein wichtiger Faktor fu¨r die Entwicklung sekunda¨rer Meniskus- und Knorpella¨sionen. Bezu¨glich der (aktuell) noch geringen Aussagekraft des MRT la¨sst sich diese zuku¨nftig durch koronar und sagittal gekippte Aufnahmen mit hoher Auflo¨sung sicherlich noch verbessern.
Available online at www.sciencedirect.com
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Ver€anderung des Muskelvolumens und der Achillessehnenl€ange im Langzeitverlauf nach Achillessehnenruptur
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