SPRUNGGELENK

SPRUNGGELENK

OSTEOCHONDROSIS DISSECANS – SPRUNGGELENK SPORT OT rthopädie raumatologie Zusammenfassung Die Osteochondrosis dissecans tali ist eine relativ häufig...

773KB Sizes 1 Downloads 37 Views

OSTEOCHONDROSIS DISSECANS – SPRUNGGELENK

SPORT OT

rthopädie raumatologie

Zusammenfassung Die Osteochondrosis dissecans tali ist eine relativ häufige Erkrankung. Verschiedene operative Therapieverfahren kommen in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung zum Einsatz. Wenn der Erhalt des Dissekates nicht mehr erfolgversprechend erscheint, bietet die osteochondrale Transplantation eine erfolgversprechende Therapieoption. Der vornehmlich an der Taluskante liegende Defekt wird ausgebohrt oder mit einem Hohlmeißel ausgestanzt und durch ein autologes Transplantat gleicher Größe in Press-fit-Technik ersetzt. Bei dorsalen Defekten ist eine Knöchelosteotomie erforderlich. Als Entnahmestelle für die Tranplantate bietet sich die ventrale Talusschulter des gleichen Gelenkes an oder das ipsilaterale Kniegelenk. Unter initialer Entlastung des Gelenkes für 2 Wochen und krankengymnastischer Übungstherapie kann in vielen Fällen der präoperative Aktivitätslevel wieder erreicht werden. Als wesentliche Komplikationen sind Schmerzen im Bereich der Entnahmestelle und die Transplantatdislokation von Bedeutung. Schlüsselwörter Osteochondrosis dissecans · osteochondrale Transplantation · Talus

C. Erggelet

The treatment of the osteochondritis dissecans tali with osteochondral transplantation Summary The osteochondritis dissecans is a fairly common pathology of the talus. Various operative treatments are performed depending of the staging of the lesion. If the cartilage fragment cannot be saved due to degeneration or dislocation, the transplantation of osteochondral grafts seems to be a promising therapeutical option. The predominantly on the medial aspect of the talar dome located defect is removed by drilling or with a round chisel and replaced by an autologous transplant of correspondent size and shape in press-fit technique. As donor sites the ipsilateral knee joint and the anterior aspect of the talus are described. Under immediate physiotherapy and initial unloading of the joint for 2 weeks a return to full activity can be achieved in most cases. Dislocation of the transplant and donor site morbidity can represent severe complications. Key words Osteochondritis dissecans · osteochondral transplant · talus

Sportorthopädie · Sporttraumatologie 17, 163–166 (2001) © Urban & Fischer Verlag www.urbanfischer.de/journals/sportmed

SPRUNGGELENK

Die Therapie der Osteochondrosis dissecans tali mit autologer osteochondraler Transplantation Christoph Erggelet Orthopädische Abteilung (Ärztl. Direktor: Prof. Dr. med. A. Reichelt) Albert Ludwigs Universität Freiburg

Autologe

Transplantate zur Behandlung von umschriebenen Knorpeldefekten, vornehmlich im Bereich des Kniegelenkes, wurden schon früh beschrieben (10). Grobe Instrumente und variable Ergebnisse verhinderten eine weite Verbreitung der Technik. Moderne Instrumente mit dünnwandigen, scharfen Klingen machen die schonende Entnahme von zylinderförmigen, osteochondralen Transplantaten möglich. Autologes Knorpel/Knochengewebe wird in standardisierten Abmessungen in die zuvor gleich groß ausgestanzten Defekte eingeführt. Als Entnahmestelle hierfür eignen sich Knorpelareale in minderbelasteten Gelenksbereichen bzw. das kontralaterale, nicht betroffene Gelenk. Die Verfügbarkeit arthroskopischer Technik hat ebenfalls zur weiten Verbreitung dieser Methode beigetragen. Bobic (1) und Hangody (4) berichten über gute klinische und histologische Ergebnisse der als ,OATS’ oder als ‚Mosaikplastik’ bezeichneten Techniken. Letzterer war es auch, welcher die osteochondrale Transplantation erstmalig am Talus eingesetzt hat. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten, der engen Platzverhältnisse und der erheblichen Belastungen kommt der Behandlung von Knorpeldefekten am Talus besondere Bedeutung zu. Besonders nach Verletzungen des Kap-

selbandapparates des Sprunggelenkes wird von einer gehäuften Inzidenz osteochondraler Verletzungen des Talus ausgegangen (9). Auch die Osteochondrosis dissecans tali wird oft als klinische Folge von Supinations- oder Pronationstraumata gesehen mit einer Inzidenz von 6,5% (2). Klinische Erfahrungen zeigen eine vermehrte Lokalisation im Bereich der Talusschulter entsprechend der vermuteten Genese. Die Therapie variiert in Abhängigkeit verschiedener Stadien, wie zum Beispiel von Guhl (3) vorgeschlagen.

Indikation Bei der Osteochondrosis dissecans handelt es sich um einen tiefen, umschriebenen Knorpeldefekt mit einer vermuteten Schädigung auch des darunterliegenden Knochens. Aus diesem Grunde bietet sich die osteochondrale Transplantation als Therapie an, wenn der Erhalt der Knorpeloberfläche nicht mehr möglich ist. Neben der klinischen Symptomatik wird die Diagnose in erster Linie kernspintomografisch gestellt (Abb. 1 und 2). Hierdurch können Oberfläche und Vitalität des dissezierten Knorpels beurteilt werden. Häufig ist es jedoch erst im Rahmen einer Arthroskopie des oberen Sprunggelenkes möglich, die Stabilität und die

C. Erggelet · Osteochondrosis dissecans – Sprunggelenk

163

OSTEOCHONDROSIS DISSECANS – SPRUNGGELENK

Verankerung eines Dissekates zu bewerten (Abb. 3). Die Indikation zur osteochondralen Transplantation besteht bei teilweiser oder vollständi-

ger Auslösung des Knorpelfragmentes aus dem Verbund, wenn eine Refixation, z.B. aufgrund weit fortgeschrittener Degeneration, nicht mehr möglich ist.

Technik

Abbildung 3 Arthroskopisches Bild einer Osteochondrosis dissecans am Talus nach Auslösung des Dissekates.

Abbildung 1 Osteochondrosis dissecans an der lateralen Taluskante im MRI a.p.

Abbildung 2 Osteochondrosis dissecans tali im mittleren Drittel der talotibialen Gelenkfläche im MRI seitlich.

164

Abbildung 4 Operationssitus der lateralen Taluskante von ventral nach Ausmeißeln des Defektes (oben) und Entnahme eines osteochondralen Transplantatzylinders (unten).

Abbildung 5 Operationssitus der lateralen Taluskante von ventral nach Implantation eines osteochondralen Zylinders in den Defekt (oben). Die Entnahmestelle (unten) ist nach Entfernung des degenerierten Knorpels mit dem Defektzylinder aufgefüllt.

C. Erggelet · Osteochondrosis dissecans – Sprunggelenk

Durch die Arthroskopie werden die Größe und die genaue Lokalisation der Läsion festgestellt. Dies ist von Bedeutung für die Festlegung des operativen Vorgehens. Ventrale und intermediäre Läsionen sind in den meisten Fällen über einen ventromedialen bzw. ventrolateralen Zugang zu erreichen. Für die osteochondrale Transplantation ist ein orthograder Instrumenteneinsatz von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grunde empfiehlt sich die Prüfung des möglichen Zugangsweges zum Talus noch während der Arthroskopie mit einer Nadel. Sollte es nicht möglich sein, die Nadel bei maximaler Plantarflexion orthograd auf den Hinterrand des Defektes aufzusetzen, ist eine osteochondrale Transplantation nur über eine Innen- oder Außenknöchelosteotomie erfolgversprechend. Dies ist auch hinsichtlich der Aufklärung des Patienten von Bedeutung. Es empfiehlt sich, Osteophyten der ventralen Tibiakante (,Fußballernase’) arthroskopisch abzutragen, um einen besseren Zugang zur Läsion zu ermöglichen. Nach Darstellung des ventralen Talus wird der Defekt, je nach Instrumentarium, ausgestanzt oder ausgebohrt (Abb. 4). Der zu implantierende Knorpel/Knochenzylinder wird entweder aus dem ipsilateralen Kniegelenk oder der ventralen Taluskante entnommen. Hierbei ist darauf zu achten, dass Knorpeldicke und Form der Oberfläche zum Defekt möglichst kongruent sind. Dies gelingt am besten, wenn Entnahme und Transplantation in einem Winkel von etwa 45° zum Taluskörper erfolgen.

OSTEOCHONDROSIS DISSECANS – SPRUNGGELENK

Eine begrenzte Rotationskorrektur der Zylinder kann vor der endgültigen Implantation mit zwei knöchern eingesteckten Kanülen erfolgen. Sollte das Transplantat überstehen, empfiehlt es sich, das Transplantatlager mit einem kleinen scharfen Löffel vorsichtig zu vertiefen. Umge-

Abbildung 6 MRI – Darstellung des Talus nach osteochondraler Transplantation – a.p.

Abbildung 7 MRI – Darstellung des Talus nach osteochondraler Transplantation – seitlich.

kehrt muss ein zu tiefes Transplantatlager mit autologer Spongiosa aufgefüllt werden, bis der Zylinder satt aufsitzt. Ein zweites Transplantat kann ventral aus der kontralateralen Talusschulter entnommen werden. Von entscheidender Bedeutung ist die Press-fit-Verankerung der osteochondralen Implantate (Abb. 5). Die angebotenen Instrumentsysteme bieten Hohlmeißel an mit unterschiedlichem Durchmesser für Spender (Donor) und Empfänger (Rezipient). In Problemfällen kann durch einen zweiten Zylinder über sekundäre Verkantung die Stabilität wieder hergestellt werden. Die Transplantatgewinnung aus dem Kniegelenk erfolgt arthroskopisch. Aufgrund der Oberflächenkurvatur bietet sich die mediale oder laterale Begrenzung der Trochlea als Entnahmestelle an. Ein zusätzliches Portal für den orthograden Zugang ist sehr hilfreich. Die Hebedefekte können offen gelassen oder, besser, mit autologer Spongiosa aus der distalen Tibia aufgefüllt werden. Die Verwendung von frischen oder gefrorenen osteochondralen Allografts am Talus ist wenig erforscht, aber sicherlich möglich. Zu bedenken sind organisatorischer Aufwand und immunologische Unsicherheiten. Auch das Tibio-fibular-Gelenk ist als Spenderlokalisation für die osteochondrale Transplantation untersucht (5). Osteochondritische Herde im dorsalen Drittel des Talus sind nur über eine Knöchelosteotomie zu erreichen. Bildwandlerkontrolle und eine stabile Osteosynthese sind unverzichtbar. Dieser erhebliche zusätzliche Aufwand und das erhöhte Operationsrisiko sollten wohl bedacht sein. In der Rehabilitation ist eine frühzeitige Bewegungstherapie angeraten. Bei kongruenten und stabilen Knorpelverhältnissen ist eine mode-

rate Belastung des operierten Beines ab der dritten postoperativen Woche möglich. Bei komplikationslosem Verlauf sind kernspintomografische Kontrollen vor Ablauf eines Jahres wenig sinnvoll (Abb. 6 und 7). Zum Nachweis von Transplantatdislokation oder -nekrose ist das MRI unverzichtbar. Problematisch im postoperativen Verlauf können Schmerzen im Bereich der Transplantatentnahmestellen sein, wenngleich diese nicht voll belastet werden. Diese Beschwerden können bis zu einem halben Jahr andauern.

Diskussion Die OD des Talus ist nicht selten. Entsprechend häufig wird aufgrund klinischer Symptomatik und MRI-Befund therapeutisches Handeln notwendig. Bei intakter Oberfläche und vitalem Dissekat ist ein konservativer Therapieversuch unter Entlastung oder sportlicher Schonung des betroffenen Beines, insbesonders bei Kindern und Jugendlichen, angezeigt und vertretbar. Bei persistierender Schmerzsymptomatik wird eine arthoskopische Intervention notwendig. Über eine retrograde Anbohrung mit Zielgerät oder unter Röntgenkontrolle kann die Durchblutung des Dissekatlagers verbessert und eine Re-Integration des Dissekates erreicht werden (6). Frisch und/oder partiell abgelöste Fragmente können nach Anfrischen des subchondralen Knochens, z.B mit resorbierbaren Stiften oder einer kanülierten Schraube, refixiert werden (7). Der Patient sollte jedoch informiert werden, dass es sich hierbei um einen Versuch handelt, den körpereigenen Knorpel zu erhalten. Die Entfernung einer versenkten Schraube nach Ausheilen der OD kann schwierig sein und zu iatrogenen Knorpelschäden führen. Ist das Dissekat avital, degenerativ erweicht

C. Erggelet · Osteochondrosis dissecans – Sprunggelenk

165

OSTEOCHONDROSIS DISSECANS – SPRUNGGELENK

oder disloziert, ist die osteochondrale Transplantation die Therapie der Wahl. Schöttle et al. berichten über 39 Patienten, bei denen osteochondrale Läsionen vornehmlich an der medialen Taluskante mit einer osteochondralen Transplantation behandelt wurden (8). In 27 Fällen handelte es sich um eine Osteochondrosis dissecans. In fast allen Fällen (n = 30) war eine Knöchelosteotomie notwendig! Nach einem durchschnittlichen Follow-up von 19,6 Monaten stiegen die Werte eines modifizierten Lysholm-Scores als Maßstab für das klinische Befinden von präoperativ 62 auf postoperativ 92 an. Als Komplikationen wurden in 3 Fällen passagere Schmerzen im Bereich der Osteotomie und in einem Fall im Bereich der Entnahmestelle genannt! Auch Hangody hatte mit gleicher Technik vorwiegend gute und sehr gute Ergebnisse bei initial 11 Patienten (4). Eigene Erfahrungen im Bereich des Kniegelenkes haben gezeigt, dass die Morbidität der Entnahmestelle doch bedeutsam ist. Deshalb erscheint es ratsam, wenn irgend möglich, auf die Eröffnung eines zweiten, gesunden Gelenkes zur Transplantatgewinnung zu verzichten. Alternativ und weniger

166

invasiv kann versucht werden, durch eine anterograde Bohrung in den Defekt die Bildung von Faserknorpel zu induzieren. In diesem Falle ist eine Entlastung des Gelenkes für 6 bis 12 Wochen je nach Defektgröße angezeigt. Dieses Vorgehen kann auch indiziert erscheinen, wenn eine Knöchelosteotomie notwendig und nicht erwünscht oder aus anderen Gründen nicht möglich ist. Die autologe, osteochondrale Transplantation eignet sich zur Behandlung der therapieresistenten Osteochondrosis dissecans tali im fortgeschrittenen Stadium.

6

7

8

9

Literatur 1 Bobic V: Arthroscopic osteochondral autograft transplantation in anterior cruciate ligament. Knee Surg Sport Traumat Arthrosc 3: 262–264, 1996 2 Bruns J: Osteochondrosis dissecans. Enke Verlag, Stuttgart, 1996 3 Guhl JF: Arthroscopic treatment of osteochondrosis dissecans. Clin Orthop 167: 65–74, 1982 4 Hangody L, Kish G, Karpati Z, Szerb I: Treatment of osteochondritis dissecans of the talus: use of the mosaicplasty technique – a preliminary report. Foot Ankle Int 18: 628–634, 1997 5 Jerosch J et al: Theoretische und experimentelle Grundlagen sowie Operations-

C. Erggelet · Osteochondrosis dissecans – Sprunggelenk

10

technik der T-F Plastik. In: Erggelet C, Steinwachs M (ed): Gelenkknorpeldefekte. Steinkopff Verlag, Darmstadt, 109–123, 2001 Lahm A, Erggelet C, Steinwachs M, Reichelt A: Arthroscopic management of osteochondral lesions of the talus: Results of drilling and usefulness of magnetic resonance imaging before and after treatment. Arthroscopy 16: 299–304, 2000 Robert H, Elise S, Dubois H: Osteochondrosis dissecans des Knies – Ergebnis von 43 Refixationen. Arthroskopie 11: 177–181, 1998 Schöttle PhB, Oettle GM, Agneskirchner JD, Imhoff AB: Operative Therapie von osteochondralen Läsionen am Talus mit autologer Knorpel-Knochen-Transplantation. Orthopäde 30: 53-58, 2001 Schuman L, Struijs PAA, van Dijk CN: Traumatische osteochondrale Läsionen der Talusrolle. Orthopäde 30: 66–72, 2001 Wagner H: Operative Behandlung der Ostochondritis dissecans des Kniegelenkes. Z Orthop 98: 333–355, 1974

Korrespondenzadresse: Dr. med. C. Erggelet Cartilage Research Group Orthopädische Abteilung Albert Ludwigs Universität Hugstetter Straße 55 D-79106 Freiburg Tel +49 761 270 2610 Fax +49 761 270 2498 E-Mail: [email protected]