Späte Fernmetastasierung eines intrakraniellen Hämangioperizytoms

Späte Fernmetastasierung eines intrakraniellen Hämangioperizytoms

ARTICLE IN PRESS Ro ¨ntgenpraxis 56 (2006) 93—97 www.elsevier.de/rontge KASUISTIK Spa ¨te Fernmetastasierung eines intrakraniellen Ha ¨mangioperizy...

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ARTICLE IN PRESS Ro ¨ntgenpraxis 56 (2006) 93—97

www.elsevier.de/rontge

KASUISTIK

Spa ¨te Fernmetastasierung eines intrakraniellen Ha ¨mangioperizytoms Late distant metastases of intracranial hemangiopericytomas Ulf Lu ¨tzena,, Kay Engellandtb a

Klinik fu ¨ r Nuklearmedizin, Universita ¨tsklinikum Schleswig- Holstein, Campus Kiel, Arnold- Heller- Str. 9, 24105 Kiel Universita ¨tsklinikum Dresden, Institut und Poliklinik fu ¨ r Radiologische Diagnostik, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden

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¨ SSELWO ¨ RTER SCHLU Ha ¨mangioperizytome; Primitive mesenchymale Tumoren; Fernmetastasen; Nicht-meningoendotheliale Tumoren; Zimmermann-Perizyten KEYWORDS Hemangiopericytomas; Primitive mensenchymal tumors; Distant metastases; Non-meningoendothelial tumors; Zimmermann pericytes

Zusammenfassung Ha ¨mangioperizytome sind seltene Tumoren, die ihren Ausgang von den ZimmermannPerizyten nehmen. Grundsa ¨tzlich ko ¨nnen sie ¨ uberall dort auftreten, wo Kapillaren anzutreffen sind. Sehr viel seltener sind diese primitiven mesenchymalen Tumoren intrakraniell anzutreffen. Nach der neuesten WHO- Klassifikation stellen diese Tumoren eine eigene Entita ¨t dar und werden der Gruppe der mesenchymalen, nichtmeningoendothelialen Tumoren zugeordnet. Grundsa ¨tzlich weisen sie eine hohe Rezidivrate und/ oder die Fa ¨higkeit zur ha ¨matogenen Fernmetastasierung auf. Die vorliegende Kasuistik zeigt jedoch, dass auch ohne Lokalrezidiv 15 Jahre nach Erstdiagnose Fernmetastasen auftreten ko ¨nnen, so dass die bildgebende Diagnostik ¨ber lange Zeit eine entscheidende Rolle in der Tumornachsorge der Patienten spielt. u Sowohl bei der Behandlung des Prima ¨rtumors als auch der Rezidive und der Fernmetastasen stellt die Radikaloperation die Therapie der Wahl dar. Durch postoperative Bestrahlungen wird die lokale Tumorkontrolle verbessert. & 2006 Elsevier GmbH. All rights reserved.

Abstract Hemangiopericytomas are rare tumors which arise from the pericytes of Zimmermann. They can occur anywhere, where capillaries can be found. Seldomly this primitive mensenchymal tumors are found intracranially. The current classification of the World Health Organization (WHO) lists the Hemangiopericytomas as entity of its own and they belong to the mesenchymal non-meningoendothelial tumors. These tumors are very aggressive. They have a high rate of local recurrence and also a high propensity for late distant metastases. The case presented, is an example for these

Corresponding author. Tel.: 0431/5973023.

E-mail Addresses: [email protected] (U. Lu ¨tzen), [email protected] (K. Engellandt). 0035-7820/$ - see front matter & 2006 Elsevier GmbH. All rights reserved. doi:10.1016/j.rontge.2006.02.001

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U. Lu ¨tzen, K. Engellandt special characteristics with late development of distant metastases in spite of no local recurrence. The treatment of both, the primary tumor as well as the recurrence and the distant metastases is radical surgery. The post-operative radiation therapy improves the local control of the tumor. Within the frame of the oncological follow-up the diagnostic imaging procedures play the most important role. & 2006 Elsevier GmbH. All rights reserved.

Anamnese 1988 wurde die damals 41-ja ¨hrige Patientin an einem intrakraniellen Ha ¨manogioperizytom operiert. Nach vollsta ¨ndiger Entfernung des rechtscerebralen falxsta ¨ndigen Tumors erhielt die Patientin eine postoperative adjuvante Radiotherapie. 2003 stellte sich die Patientin wegen uncharakteristischer abdomineller Beschwerden in unserer Klinik vor. Die sonographische Untersuchung zeigte unklare Vera ¨nderungen im Bereich der Leber. Die anschließende Computertomographie erbrachte umschriebene, inhomogen kontrastmittelaufnehmende, hypervaskularisierte Tumoren im Bereich des Retroperitoneums, der rechten Kolonflexur sowie eine metastasentypische Parenchymvera ¨nderung der Leber. Das weitere Staging erbrachte computertomographisch bilaterale scharf begrenzte, pulmonale Rundherde sowie einen vergro ¨ßerten mediastinalen Lymphknoten. Die Skelettszintigraphie zeigte keinen Anhalt fu ¨r metastasentypische Vera ¨nderungen. In der craniellen Computertomographie ergab sich kein Anhalt fu ¨r ein Lokalrezidiv. Es erfolgte die vollsta ¨ndige Resektion der genannten Tumoren. Histologisch handelte es sich um extrakranielle Metastasen des vor 15 Jahren diagnostizierten intrakraniellen Ha ¨mangioperizytoms.

Zum Krankheitsbild Ha ¨mangioperizytome sind seltene Tumoren, die von den Zimmermann-Perizyten ausgehen und erstmalig im Jahre 1942 durch Stout und Murray beschrieben wurden [1]. Sie ko ¨nnen aus diesem Grunde u ¨berall dort auftreten, wo Kapillaren anzutreffen sind. Pra ¨dilektionsstellen sind das muskuloskelettale System und die Haut. Meist wachsen diese Tumoren an der unteren Extremita ¨t, der Beckenregion und dem Retroperitoneum. Sehr viel seltener sind sie auch intrakraniell anzutreffen. Insgesamt repra ¨sentieren die Ha ¨mangioperizytome etwa ein Prozent aller vaskula ¨ren Neoplasmen.

¨ blicherweise zeigt dieser primitive mesenchymale U Tumor eine Gleichverteilung auf die Geschlechter. Der Altersgipfel liegt im Bereich der vierten bis fu ¨nften Lebensdekade. Ha ¨mangioperizytome machen etwa zwei bis vier Prozent aller meningealen Tumoren aus, weniger als ein Prozent aller ZNS-Tumoren entfallen auf Ha ¨mangioperizytome [2–4]. Nach der aktuellen WHO-Klassifikation der Tumoren des ZNS werden Ha ¨mangioperizytome als eigene Entita ¨t betrachtet und der Gruppe der mesenchymalen, nichtmeningoendothelialen Tumoren zugeordnet. Sie zeigen eine hohe Rezidivrate und/ oder die Fa ¨higkeit zur ha ¨matogenen Metastasierung. Bevorzugte Fernmetastasierungsorte sind die Lunge, das Skelett und die Leber. Da Ha ¨mangioperizytome des ZNS bildmorphologisch kaum und histopathologisch nur immunhistochemisch von Meningeomen zu unterscheiden sind, werden sie ha ¨ufig als atypische oder hypervaskularisierte Meningeome fehldiagnostiziert. Therapie der Wahl ist nach eventueller pra ¨operativer Embolisation die radikale Operation. Postoperativ sollte eine adjuvante Radiotherapie erfolgen. Die zur systemischen Therapie zur Verfugung stehenden Chemotherapeutika werden hinsichtlich ihrer Effektivita ¨t kontrovers diskutiert [5–7].

Diskussion Dieser Fall zeigt, dass ein bekanntes intrakranielles Ha ¨mangioperizytom als Primarius fu ¨r die, in der Bildgebung diagnostizierten, metastasentypischen La ¨sionen in Betracht kommt. Dies ist auch ohne Lokalrezidiv 15 Jahren nach Erstdiagnose mo ¨glich. Lokalrezidive erho ¨hen die Wahrscheinlichkeit von Fernmetastasen und gehen diesen in u ¨ber 50 Prozent der Fa ¨lle voraus [8]. Aus diesem Grunde sollte bei wiederholten Lokalrezidiven immer ein Staging erfolgen. Auch bei der Behandlung der Metastasen stellt die Radikaloperation die Therapie der Wahl dar. Es konnte gezeigt werden, dass durch die postoperative Bestrahlung eine verbesserte lokale Tumorkontrolle erreicht wird [3,9].

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Abbildung 1–3. Spiral-CT Abdomen: nativ und biphasisch nach i.v. KM; Metastase rechter Leberlappen.

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U. Lu ¨tzen, K. Engellandt

Abbildung 4 und 5. Spiral-CT Abdomen: nativ und nach i.v. KM; Metastase im Bereich der rechten Kolonflexur.

Auch wenn die Wertigkeit einer palliativen Chemotherapie nicht eindeutig gekla ¨rt ist, sollte ihr Einsatz im Einzelfall diskutiert werden [5–7]. Abschließend bleibt anzumerken, dass Patienten mit einem Ha ¨mangioperizytom trotz ada ¨quater

Therapie Lokalrezidive und Fernmetastasen entwickeln ko ¨nnen. Da diese durch engmaschige radiologische Kontrollen fru ¨hzeitig erkannt werden, spielen die bildgebenden Verfahren eine entscheidende Rolle in der Nachsorge, die langja ¨hrig notwendig ist ( Abb. 1–6).

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Abbildung 6. Spiral-CT Thorax: nach i.v. KM; Metastase linke Lunge.

Literatur [1] Stout AP, Murray MR. Hemangiopericytoma: Vascular tumor featuring Zimmermann0 s pericytes. Ann Surg 1942;116:26–33. [2] Goellner JR, Laws ER, Soule EH, Okazaki H. Hemangiopericytoma of the meninges. Mayo Clinic experience. Am J Clin Pathol 1978;70:375–80. [3] Guthrie BL, Ebersold MJ, Scheithauer BW, Shaw EG. Meningeal hemangiopericytoma: histopathological features, treatment, and long-term follow-up of 44 cases. Neurosurgery 1989;25:514–22. [4] Ja ¨¨ askela ¨inen J, Servo A, Haltia M, Wahlstro ¨m T, Valtonen S. Intracranial hemangiopericytoma: radiology, surgery, radiotherapy, and outcome in 21 patients. Surg Neurol 1985;23:227–36.

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