Technische Probleme beim Intraoperativen Neuromonitoring

Technische Probleme beim Intraoperativen Neuromonitoring

ARTICLE IN PRESS Neurophysiol. Lab. 31 (2009) 222–231 www.elsevier.de/neulab Technische Probleme beim Intraoperativen Neuromonitoring Technical Pit...

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ARTICLE IN PRESS

Neurophysiol. Lab. 31 (2009) 222–231

www.elsevier.de/neulab

Technische Probleme beim Intraoperativen Neuromonitoring Technical Pitfalls during Intraoperative Neuromonitoring Albert Gossen Cardinal Health GmbH, Leibnizstraße 7, 97204 Hochberg ¨

Zusammenfassung Beim Neuromonitoring werden durch elektrische und magnetische Felder, Metallartefakte, dem HF-Kauter, aber auch durch ungunstige Parameter die Messungen zum Teil erheblich gestort. ¨ ¨ erlaubt eine zielgerichtete Beseitigung. Die genaue Kenntnis der Storursachen ¨ Schlusselw orter: Elektrische Felder; magnetische Felder; Erdelektrode; Metallartefakte; Parameter ¨ ¨

Summary During Neuromonitoring electrical and magnetical fields, metal artefacts and noise from the cautery device, but also inappropriate parameters can cause severe interference. Knowledge about these sources is needed to eliminate the noise effectively. Keywords: electrical field; magnetical field; neutral electrode; metal artifacts; parameters

¨ 1. Einfuhrung Beim Neuromonitoring werden die Messsignale haufig durch Storungen ¨ ¨ wird. uberlagert und somit eine Beurteilung erschwert oder sogar unmoglich ¨ ¨ Die wirkungsvollste Storbeseitigung geschieht an der Storquelle selbst. Aber ¨ ¨ auch auf Seiten des Neuromonitoring sind Maßnahmen moglich, die die ¨ usse reduzieren oder ganz beseitigen, wenn sie im Gerat Storeinfl ¨ selbst verur¨ ¨ und die Wahl der effektivsten sacht werden. Die Lokalisation der Storquelle ¨ Abwehr auf Seiten des Monitoring erfordern Kenntnisse uber die den Storungen ¨ ¨ zu Grunde liegenden Mechanismen.

Tel.: (0931) 4972-188; fax: (0931) 4972-318.

E-mail: [email protected] doi: 10.1016/j.neulab.2009.08.001

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2. Elektrische Felder

Elektrisches Feld

_

E

+

Die Elektrische Felder entstehen zwischen verschieden geladenen Korpern. ¨ Feldlinien beginnen und enden auf den unterschiedlichen Ladungen. Im Alltag beobachten wir immer wieder elektrostatische Aufladungen, die sich durch Knistern bemerkbar machen oder durch Funken entladen, wenn man z.B. einen beruhrt. Begunstigt werden die Aufladungen durch trockene metallenen Korper ¨ ¨ ¨ Raumluft, Kleidung mit synthetischen Fasern und nicht leitende Schuhe.

2.1. Elektrische Spannung im Feld

Elektrische Spannung

_

d

U=Exd

+

Bringt man zwei Elektroden in das elektrische Feld, so kann zwischen ihnen eine Spannung U gemessen werden, die proportional zur elektrischen Feldstarke ¨ der Abstand, desto und dem Abstand zwischen den Elektroden ist. Je großer ¨ großer die Spannung im elektrischen Feld. Im oben gezeigten homogenen Feld ¨ andert sich die Spannung nicht, wenn das Feld relativ zu den Elektroden bewegt ¨ wird. Reale Felder sind aber meist inhomogen. Eine Bewegung des Feldes oder der Elektroden erzeugt an diesen eine Spannungsanderung. ¨

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2.2. Elektrische Abschirmung

Abschirmung

_ Leitende Abschirmung U=0

+

Hulle, das kann auch eine Umgibt man die Elektroden mit einer leitfahigen ¨ ¨ dunne Kupfer- oder Goldfolie sein, ist der Raum innerhalb dieser Hulle ¨ ¨ feldfrei, die Spannung an den Elektroden also Null. Das elektrische Feld lasst sich im ¨ Grunde vollkommen abschirmen. Bekannt ist das vermutlich den meisten unter dem Begriff Faraday’scher Kafig ¨ oder aus den Hochspannungsexperimenten im Deutschen Museum. Ohne großen Aufwand kann man aber nur die Zuleitungen zu den Elektroden abschirmen. Auch Verdrillen der Zuleitungen verringert den Feldeinfluss, da dies den Abstand zwischen den Leitungen gering halt. ¨ Der Patient mit den aufgebrachten Elektroden ist vorhandenen Feldern jedoch aus( Patient ist die Antenne fur gesetzt und somit eine Antenne fur ¨ ¨ ¨ Storfelder. Storfelder). ¨ 2.3. Praktische Bedeutung

durch ihre Aufladung das elektrische Vorbeigehende Personen verandern ¨ Feld. Dies fuhrt in den Elektroden und Zuleitungen, wenn sie nicht geschirmt ¨ oder verdrillt sind, zu langsamen Spannungsanderungen, die besonders gut im ¨ EEG zu sehen sind, da bei dessen Ableitung die untere Grenzfrequenz niedrig eingestellt wird. Deshalb sollten bei EEG- oder anderen Ableitungen mit niedriger unterer Grenzfrequenz unnotige Bewegungen in der Nahe der Ableite¨ ¨ elektroden vermieden werden. Auch mechanische Vibrationen, z.B. durch die

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Luftsaule in einer Warmedecke ausgelost, konnen solche Feldveranderungen ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ hervorrufen. Im Gegensatz zu synthetischen Fasern vermindert Baumwollbekleidung die Gefahr elektrostatischer Aufladung. Da die Storspannung im elektrischen Feld ¨ proportional zum Elektrodenabstand ist, sollte dieser nur so groß gewahlt ¨ Rewerden, wie es fur ¨ ¨ die Messung unbedingt erforderlich ist ( zusatzliche ferenzelektroden bei Etagenableitungen nahe den Messpunkten nutzen).

3. Magnetische Felder

Magnetisches Feld

I

I = > Statisches Magnetfeld

I ≈ > Wechselfeld

Alle von einem Strom I durchflossenen Leiter sind von einem Magnetfeld umgeben, bei Gleichstrom einem statischen, bei Wechselstrom einem wechselnden Magnetfeld. Die Feldlinien umzingeln den erzeugenden Strom und sind in sich geschlossen. 3.1. Induzierte Spannung Induzierte Spannung

I≈ Fläche F Uind ∼ F

Uind ≈ 0

Bringt man eine Leiterschleife in das wechselnde Magnetfeld, entsteht in der F der LeiterSchleife eine induzierte Spannung, die proportional zur Flache ¨

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schleife ist. Allerdings tragt zur Induktion bei, die in Richtung ¨ nur die Flache ¨ der Magnetfeldlinien gesehen wird. Die induzierte Spannung ist abhangig von ¨ das Magder Orientierung zwischen Leiterschleife und Magnetfeld. Verlauft ¨ netfeld genau parallel zur Flache F, ist die induzierte Spannung sogar Null. ¨ Dreht man also eine vermutliche Storquelle mit einem magnetischen Wechsel¨ und durch Induktion andern feld, z.B. einen Infusomaten, wird sich die Storung ¨ ¨ kann so verringert oder ganz vermieden werden. Verdrillt man die Zuleitungskabel, werden die einzelnen Windungen in entgegengesetzter Richtung vom Magnetfeld durchsetzt und die resultierende induzierte Spannung ist klein oder gar Null.

3.2. Magnetische Abschirmung Umgibt man die Leiterschleife wie beim Experiment im elektrischen Feld mit hat das keine Auswirkung auf die induzierte Spannung. einer leitenden Flache, ¨ Magnetfelder durchdringen leitende Abschirmungen wie Kupfer, Aluminium oder Silber ohne Abschwachung. Dies ist nur durch ferromagnetische Mate¨ rialien (z.B. Eisen) moglich. ¨

eine Messspule, eine Leiterschleife mit mehIn der obigen Abbildung fangt ¨ auf. einer Ablenkspule eines Rohrenmonitors reren Windungen, das Storsignal ¨ ¨

Die Messspule ist nun in einer Keksdose aus Eisenblech untergebracht. Die induzierte Spannung ist verringert und die Storung im Lautsprecher schon ¨ merklich leiser zu horen. Die Eisenblechdose leitet einen Teil des Magnetfeldes ¨ um die Messspule herum.

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Ist die Messspule von einem dicken Eisenkasten umgeben, wird fast das ganze zu Magnetfeld umgeleitet. Im Lautsprecher ist nur noch eine schwache Storung ¨ horen. ¨ 3.3. Zusammenfassung beim Ursache fur Magnetische Wechselfelder stellen die haufigste ¨ ¨ ¨ Storungen Neuromonitoring dar. Stromdurchflossene Leitungen, Spulen, Transformatoren, Motoren und magnetische Stellglieder sind Bestandteil fast aller Gerate. ¨ Eine Abschirmung ist auf Seiten des Neuromonitoring nur unzureichend der Verdrillen der Elektrodenleitungen und Richtungsanderungen moglich. ¨ ¨ die Einflusse aber merklich reduzieren. Auch Abstand von konnen Storquellen ¨ ¨ ¨ bekannten Storquellen bringt Abhilfe. Die Ausgabe der Signale auf den Laut¨ erleichtert dabei die Kontrolle. sprecher des Neuromonitoring-Gerates ¨ selbst Wirklich wirkungsvoll kann nur eine Abschirmung an den Storquellen ¨ durch Einbau von Eisenblechen und streuarmen Transformatoren geschehen. Ein besonderes Augenmerk sollte man dabei auf das OP-Mikroskop werfen.

4. Metallartefakte Haufig werden von Metallinstrumenten und Aufbauten am OP-Feld unre¨ erzeugt, wenn sich die Metalle Artefakte unterschiedlicher Starke gelmaßige ¨ ¨ Artefakte kann man wiederum im Lautspreberuhren. Diese unregelmaßigen ¨ ¨ cher leicht von den vorher beschriebenen Magnetfeldern mit ihrer standig glei¨ chen Grundfrequenz unterscheiden.

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Die obige Abbildung zeigt ein zunachst sauberes, ungestortes SEP. ¨ ¨

wechselnd gestort, Im weiteren OP-Verlauf sind die SEP-Ableitungen standig ¨ ¨ das ungemittelte Eingangssignal, links dargestellt, und die Lautsprecherausgabe lassen eine unregelmaßige Einstreuung mit erheblicher Amplitude erkennen. ¨

waren die Klemmen am Wundrand, die bei Bewegung aneinander Ausloser ¨ kratzen.

Trennen der Klemmen durch Hirnwatte fuhrte wieder zu einem sauberen ¨ Signal.

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Typisch fur ist, dass sie mit Bewegungen des Chirurgen ¨ ¨ derartige Storungen oder des Assistenten einhergehen. Bei genauer Beobachtung sind auch haufig ¨ vermeintliche Reaktionen eines Hirnnerven als solche Beruhrungsartefakte von ¨ Instrumenten auszumachen.

5. St¨orungen durch Neutralelektroden

Heute werden meist geteilte Neutralelektroden wie im Bild oben links fur ¨ den dieser Elektrode monopolaren Kauter eingesetzt. Zwischen den beiden Halften ¨ fließt standig ein Prufstrom, der den korrekten Kontakt der Elektrode mit der ¨ ¨ Haut uberwachen soll. ¨

wie Dieser Prufstrom kann das Neuromonitoring mitunter erheblich storen, ¨ ¨ in der obigen Abbildung im Signal des rechten Beines zu sehen. Umlegen der Neutralelektrode vom rechten Bein auf den Gluteus beseitigte diese Storung. ¨ Man kann vorher leicht prufen, ob die Neutralelektrode wirklich die Storur¨ ¨

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sache ist, indem man sie am Kauter kurz auszieht und dabei das gestorte Signal ¨ auf dem Lautsprecher verfolgt.

¨ 6. Ungunstige Parameter 6.1. Notchfilter Der Einsatz eines Notchfilters zur Unterdruckung von netzfrequenten Storun¨ ¨ zum gegenteiligen Effekt, da Transienten im Messsignal, z.B. gen fuhrt haufig ¨ ¨ Reizartefakte, das Filter zum Schwingen anstoßen.

Charakteristisch fur ¨ diesen Effekt ist das Abklingen der Schwingung nach also immer nachprufen, ob das dem Anstoßen. Bei netzfrequenten Storungen ¨ ¨ Notchfilter eingeschaltet ist. 6.2. Reizrate

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Beim Mitteln von gestorten Signalen kann eine ungunstig gewahlte Reizrate ¨ ¨ ¨ dazu fuhren, dass die Storung nicht herausgemittelt wird. Durch Variieren der ¨ ¨ Reizrate kann ein Optimum gefunden werden. Generell sollte die Reizrate in keinem ganzzahligen Verhaltnis zur Storfrequenz stehen. Daraus resultieren die ¨ ¨ ublichen Reizraten von 3.1, 4.7 oder 11.7, um 50 Hz-Storungen herauszumit¨ ¨ auch diese Raten aber eine andere Frequenz, konnen teln. Hat die Storung ¨ ¨ ungunstig sein. ¨ Die Zusammenarbeit zwischen Operateur, Anasthesie und Monitoring-Team ¨ ist maßgeblich fur der Storquellen und die Aussagequalitat ¨ ¨ ¨ der ¨ die Eindammung Monitoringergebnisse!

Verwendete Literatur [1,2].

Literatur [1] Kupfm uller, K., Mathis, W., Reibinger, A.: Theoretische Elektrotechnik. Springer, Berlin (2004). ¨ ¨ [2] Dobrinski, P., Krakau, G., Vogel, A.: Physik fur ¨ Ingenieure. Teubner (2007).