Institut fur Botanik, technische Mikroskopie und organische Rohstofflehre der Technischen Hochschule Wien (Vorstand: Prof. Dr. E. BANCHER)
Untersuchungen der Lipide in den Sphaerosomen- uod Mitochondrienfraktionen y-bestrahlter Samen von Erdnu6 (Arachis hgpogaea) uod Walnu6 (Jaglans regia) ENGELBERT BANCHER, JOSEF WASHUTTL und HANS-JORG GOLLER Eingegangen am 5. August 1971 und am 21. Februar 1972
Summary Studies on Lipids in Fractions of Spherosomes and Mitochondria of (,-irradiated Seeds of Peanuts and Walnuts We isolated spherosomes and mitochondria out of cotyledons of raw and irradiated peanuts (Arachis hypogaea) and walnuts
Zusammenfassung An bestrahlten (500 Krad, 10 Mrad) und unbestrahlten Erdniissen und Walnussen wurde eine Isolierung von Mitochondrien und Spharosomen durchgefiihrt, deren chemischer Aufbau auf diinnschichtchromatographischem Wege ermittelt und quantitative Bestimmungen durch direkte densitometrische Auswertung vorgenommen. In den Spharosomen konnten ca. 0,7 0 /0 Polarlipide nachgewiesen werden; in den Mitochondrien fanden wir ca. 27 % Neutrallipid. Wir sehen darin einen Hinweis auf das Vorhandensein einer Spharosomenmembran sowie auf eine zusatzliche Speicherfunktion der Mitochondrien. Die Bestrahlung zeigte tiefgreifende Veranderungen des chemischen Aufbaus und auBerte sich hauptsachlich im Abbau der Triglyceride und der Bildung neuer peroxidgruppenhaltiger Verbindungen. Die Phospholipide erwiesen sich bei den gewahlten Bedingungen als relativ stabil.
Einleitung Eine sichere Lokalisierung des Ortes der Fettbildung in der PflanzenzeUe ist bisher noch nicht gelungen, doch wird aUgemein angenommen, daB die Spharosomen, GrundorganeUen pflanzlicher Zellen, dabei eine maBgebliche R,oUe spielen. Wir konn-
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ten kiirzlich zeigen (BANCHER et al. 1969), daB es durch Farbungen recht gut gelingt, die Spharosomen und den Speicherfettanteil in der Zelle lichtmikroskopisch zu unterscheiden. Erheblich schwieriger ist es allerdings, eine Isolierung oder auch nur Anreicherung der Spharosomen bzw. Mitochondrien in einem hohen Reinheitsgrad zu erzielen. Eine Moglichkeit zur Uberwindung eines Teiles der Schwierigkeiten bei der Isolierung dieser Organellen scheint die Fraktionierung von Zellen angekeimter tJlsaaten zu eroffnen (JACKS et al. 1967); in diesem FaIle befindet sich das Fett im Zustand der Mobilisierung. Wir haben bereits friiher auf die durch das Keimen bedingten Veranderungen im mikroskopischen Bild von Samen hingewiesen und speziell die beim Quellen von fettha:Itigen Samen eintretende Zerteilung der Fettphase in kleine und kleinste Fetttropfchen beschrieben (BANCHER et al. 1969). 1m Verlaufe einer weiteren Versuchsserie, die Aussagen iiber strahleninduzierte Veranderungen an Fett, Fettbausteinen und an Lipiden fettreicher Samen erbringen sollte (BANCHER et al. 1970), erschien es interessant, den EinfluB energiereicher Strahlung auch auf isolierte - oder doch zumindest weitgehend angereicherte -- Zellorganellen zu studieren. Eine Verbindung des genannten Verfahrens der Fraktionierung von Zellkomponenten mit einer analytisch-chemischen Methode schien uns dafiir ein geeigneter Weg. Durch den Einsatz der Diinnschichtchromatographie, verbunden mit einer quantitativen densitometrischen Auswertung (JORK, 1968) sollte weiters auch eine Moglichkeit zur Beantwortung der Frage aufgezeigt werden, ob den Spharosomen, als distinkten Zellkomponenten, eine Membran zukommt.
Material und Methodik Die untersuchten Erdniisse waren siidafrikanischer Herkunft (Virginia bunch, Ernte 1967), die Walniisse stammten aus Osterreich (Esterhazy-PapiernuB, Ernte 1967). Zur Isolierung der Mitochondrien- und Spharosomenfraktionen wurde folgendermaBen verfahren (JACKS et aI., 1967): Die untersuchten Olfriichte wurden in bestrahltem und unbestrahltem Zustand jeweils 3 Stunden in Leitungswasser ausgelegt und anschlieBend 5 Tage im Dunkeln auf feuchtem Filterpapier bei 25° C zum Ankeimen ausgebreitet. Hierauf wurden die Cotyledonen von den Keimlingen befreit, mit destilliertem Wasser gewaschen und mit Zellstoff getrocknet. Von den so vorbereiteten Cotyledonen wurde daraufhin eine Menge von 22 g ausgewogen, in einen Mixer gebracht, mit 55 ml 0,25 M wasseriger Saccharoselosung iibergossen und 30 sec lang homogenisiert. Nach der Abtrennung noch vorhandener groberer Teilchen wurde die entstandene Suspension 5 min lang mit 1000 g zentrifugiert. Der erhaltene Bodenkorper wurde verworfen, die iiberstehende Fliissigkeit anschlieBend 20 min mit 15 000 g zentrifugiert. Das Ergebnis dieser Behandlung war ein neuer dichter Bodenkorper, eine iiberstehende Flussigkeit und ein dunner Fettpolster auf der Oberflache dieser Flussigkeit. Die fettige oberste Schicht wurde nun vorsichtig mit einem Spatel abgehoben und in 15 ml 0,25 M Saccharose eingeruhrt. Diese Suspension und die iiberstehende Flussigkeit der vorangegangenen Zentrifugation wurden nun, jede fur sich, erneut 20 min bei 15 000 g zentrifugiert. Die resultierenden Fettpolster wurden in der bereits beschriebenen Weise vorsichtig abgehoben, vereinigt mit dest. Wasser gewaschen und zur chromatographischen Untersuchung vorbereitet (Fraktion A). In gleicher Weise wurden die resultierenden Bodenkorper gesammelt und gewaschen (Fraktion B).
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Wir sind mit JACKS et al. (1967) der Ansicht, daB es sich bei Fraktion A urn eine Isolierung oder zumindest hohe Anreicherung von Spharosomen handelt. Der Durchmesser der Partikel in dieser Fraktion betragt im Durchschnitt 1-3 It. Eine chemische Analyse zeigte folgende Zusammensetzung:
ErdnuB
Gesamtlipid davon Phospholipide Protein
97,5 % 0,6 % 1,3 %
WalnuB
Gesamtlipid davon Phospholipide Protein
98,3 % 0,8 % 1,4 %
An enzymatischer Aktividit fanden wir nach ANGELO et al. (1964) keine Lipaseaktivitat (Glycerin-ester-hydrolase EC 3.1.1.3) und nur geringe Acyl-CoA-Synthetaseaktivitat (EC 6.2.1.2). Es scheint in diesem Zusammenhang von Interesse, daB JACKS et al. (1967) eine betrachtliche Acyl-CoA-Syntheseaktivitat in der nach der letzten Zentrifugation iiberstehenden Fliissigkeit nachweisen konnten. In Fraktion B sehen wir eine Anreicherung der Mitochondrien. Der Durchmesser der Partikel in dieser Fraktion betragt im Durchschnitt 1 fie Eine chemische Analyse dieser Fraktion zeigte folgende Zusammensetzung:
ErdnuB
Gesamtlipid davon Phospholipide Protein
35,3 % 6,3 % 50 '0/0
WalnuB
Gesamtlipid davon Phospholipide Protein
35,5 % 8,6 % 48 %
Eine Untersuchung der Enzymaktivitaten ergab, daB nahezu die gesamte Lipaseaktivitat (EC 3.1.1.3) an diese Fraktion gebunden war. Die Acyl-CoA-Syntheseaktivitat (EC 6.2.1.2) war groBer als in der Spharosomenfraktion. An den heiden so gewonnenen Organellenfraktionen wurde entsprechend den Angaben in einer friiheren Veroffentlichung (BANCHER et al., 1972) eine saulenchromatographische und eine diinnschichtchromatographische Trennung vorgenommen, wobei letzteres Verfahren mit einer quantitativen densitometrischen Bestimmung der Lipide verbunden wurde. Die y-Bestrahlung der Samen, die sich in lockerer Schiittung in einem offenen Plastikbehalter befanden, erfolgte unter Luftzufuhr mittels einer 60Co-Quelle. Die Aktivitat der eingesetzten Zelle hetrug ca. 7500 Ci, die Ionendosisleitung 620 000 R/h.
Ergebnisse Die Ergebnisse der diinnschichtchromatographischen und densitometrischen Analysen der Spharosomen- und Mitochondrienfraktionen sind in den folgenden Tabellen zusammengestellt. Die Analysenwerte (MW aus 5 Bestrahlungen) der bestrahlten und unbestrahlten Proben werden in Abhangigkeit von der Strahlendosis angefiihrt. Die Standardabweichung betragt bei den einzelnen Analysen max. ± 6 H/ o.
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Tabelle 1 Diinnschichtchromatographische Analyse der Zusammensetzung der Spharosomenfraktion von ErdnuB- und WalnuBsamen in Gewichtsprozenten Substanz
Triglycerid Diglycerid Monoglycerid Freie Fettsauren Triglyc. mit Peroxidgr. Peroxidhaltiges Produkt II Kolamincephalin Lecithin Phosphatidsaure
unbestrahlt
bestrahlt mit 500 Krad ErdnuB WalnuB
bestrahlt mit 10 Mrad ErdnuB WalnuB
ErdnuB
WalnuB
91,20 0,39 0,22 5,12
93,85 0,50 0,10 3,00
88,50 0,50 0,35 6,35
91,95 0,85 0,55 3,15 1,30
78,20 1,25 0,85 4,20 8,80
0,20 0,22 0,15
0,33 0,25 0,25
0,20 0,20 0,15
0,33 0,23 0,35
0,18 0,20 0,20
43,18
1,15 26,80 23,50 0,25 0,18 0,50
Tabelle 2 Densitometrische Analyse der Zusammensetzung der Mitochondrienfraktion von ErdnuB- und WalnuBsamen in Gewichtsprozenten. Substanz unbestrahl t ErdnuB WalnuB Triglycerid Diglycerid Monoglycerid Freie Fettsauren Triglyc. mit Peroxidgr. Peroxidhaltiges Produkt II Kolamincephalin Lecithin Phosphatidsaure
bestrahlt mit 500 Krad ErdnuB WalnuB
bestrahlt mit 10 Mrad ErdnuB WalnuB
25,95 0,14 0,09 1,79
25,65 0,17 0,03 1,05
24,15 0,25 0,20 2,27
23,35 0,40 0,60 1,25 0,55
19,80 0,95 0,45 1,80 3,15
13,20
2,17 2,28 1,85
3,17 2,85 2,60
2,15 2,25 2,00
3,10 2,80 2,80
2,00 2,10 2,55
2,60 2,48 3,95
0,65 6,30 5,62
Diskussion Die von uns ermittelten Daten des chemischen Aufbaus der Spharosomen- und der Mitochondrienfraktion von zunachst noch unbestrahlten Samen lassen mehrere Interpretationen zu. Eine unterschiedliche chemische Zusammensetzung der beiden Fraktionen war aufgrund der bisherigen Kenntnis vom Aufbau und der Funktion der beiden Zellorganellen zu erwarten. Auffallend war aber einerseits die Anwesenheit von Polarlipiden in der Spharosomenfraktion sowie andererseits der betrachtliche Anteil an Triglyceriden in der Mitochondrienfraktion. Wir mochten das Vorhandensein von Polarlipiden in den Spharosomen im Zusammenhang mit der Frage sehen, ob diesen Organellen eine definierte Membran zukommt. Die Bildung derartiger Membranen ist nach DANIELLI et al. (1936) stets auch an die Anwesenheit polarer Gruppen gebunden. Bei Anwendung der von MACKENZIE et al.
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(1966) entwickelten Formel zur Ermittlung des Phospholipid- und EiweiBbedarfs zur Umhlillung spharischer Partikel unterschiedlicher GroBen mit einer einfachen Membran lassen die von uns bestimmten Phospholipidgehalte auf die Existenz einer einschichtigen Membran schlieBen, wenn wir eine durchschnittliche PartikelgroBe von 1,5 f.l bei einer spez. Dichte von 0,92 flir die Berechnung zugrunde legen. Das Vorhandensein von Neutralfett, im wesentlichen also von Triglyceriden in den Mitochondrien scheint uns nur erklarbar, wenn diesen Organellen auch eine gewisse Speicherfunktion zukommt. Wie wir bereits frliher festgestellt haben (BANCHER et al. 1969), sind bei allen Aussagen liber Strukturfragen, die auf chemischen Analysendaten fuBen, jene Fehler unvermeidlich, die auf einer Verunreinigung der flir die Untersuchungen herangezogenen Partikelfraktionen beruhen konnen; dennoch scheint dieser Weg eine geeignete Erganzung mikroskopischer Befunde zu seine Ais strahlenbedingte Erscheinungen, die bei Walnlissen tiefgreifendere Veranderungen zeigen als bei Erdnlissen, treten in beiden Fallen ein Abbau des Triglyceridanteils, eine damit korrespondierende Zunahme des Mono- und Diglyceridanteils sowie nur bei 500 Krad auch ein Anstieg der freien Fettsauren auf. Durch den E.influB hoherer Dosen entstehen zusatzlich auch peroxidgruppenhaltige Triglyceride, von denen bei Walnlissen zwei dlinnschichtchromatographisch unterschiedliche Produkte erfaBt werden konnten. Letztere Erscheinung laBt auf eine starkere strahlenchemische Beeintrachtigung des WalnuBoles schlieBen. Die Polarlipide Kolamincephalin und Lecithin erwiesen sich als relativ stabil; Phosphatidsaure zeigte ein schwaches Ansteigen ihres Gewichtsanteiles, der wahrscheinlich mit dem geringfligigen Abbau der anderen Phospholipide im Zusammenhang steht. Lysoverbindungen konnten nicht nachgewiesen werden.
Literatur ANGELO, ST. A. ]., and A. M. ALTSCHUL: Plant Physiol. 39, 880 (1964). BANCHER, E., ]. HOLZL and H. ]. GOLLER: Qualitas Plant. Mater. Vegetabiles 17,321 (1969). BANCHER, E.,]. WASHUTTL und H. J. GOLLER: Seifen-Ole-Fette-Wachse 96, 707 (1970). - - - Seifen-Ole-Fette-Wachse, 98, 370 (1972). DANIELLI, J. F., and H. A. DAVSON: J. cell. comps. Physiol. 5, 495 (1936). JACKS, T. J., L. Y. YATSU and A. M. ALTSCHUL: Plant Physiol. 42, 585 (1967). JORK, H.: Z. Anal. Chem. 236, 310 (1968). MACKENZIE, C. G., J. B. MACKENZIE, O. K. REISS and D. E. PHILPOTT: Biochemistry 5, 1454
(1966). Prof. Dr. ENGELBERT BANCHER, JOSEF WASHUTTL und HANS ]ORG GOLLER, Institut fur Botanik, technische Mikroskopie und organische Rohstofflehre der Technischen Hochschule Wien, A-1060 Wien, VI., Getreidemarkt 9.
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