Vorwort

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Vorwort Wenn ein Patient zum Arzt kommt, ist das normaler Alltag in der ärztlichen Versorgung. Kommt ein Patient aber immer wieder, ohne dass sich sei...

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Vorwort Wenn ein Patient zum Arzt kommt, ist das normaler Alltag in der ärztlichen Versorgung. Kommt ein Patient aber immer wieder, ohne dass sich seine Situation verändert, wird dieser Patient schnell zum Problemfall. Jeder Arzt kennt diese sehr speziellen Patienten. In Deutschland gibt es eine hohe Dunkelziffer von Patienten ohne Diagnose. Diese Patienten leiden nicht nur an den Symptomen ihrer undiagnostizierten und damit nicht adäquat behandelbaren Krankheit, sondern auch an den psychischen Folgen, wenn sie als „Simulant“ oder „psychisch krank“ abgestempelt werden. Bei vielen von ihnen wird die Diagnose deshalb nicht gestellt, weil sie an einer seltenen Krankheit leiden, die den untersuchenden Ärzten nicht bekannt ist. Bei wieder anderen ist die Diagnosestellung nicht möglich, weil sie an einer seltenen Krankheit leiden, die bisher nicht beschrieben wurde. Die Gefahr, dass seltene Krankheiten nicht dia­ gnostiziert werden, ist besonders groß, wenn die Symptome der Krankheit mehrere Organsysteme betreffen und sich nicht einem einzigen medizinischen Fachgebiet zuordnen lassen. Die Betroffenen leiden häufig unter einem heterogenen und komplexen Krankheitsbild mit oftmals chronischem Verlauf, das mitunter zu einer Einschränkung ihrer Lebensqualität und Lebens­erwartung führt. Aufgrund der geringen Expertise und fehlender Experten dauert die durchschnittliche Diagnosestellung einer seltenen Erkrankung derzeit zwischen 5 und 7 Jahren. Die Patienten suchen in dieser Zeit eine Vielzahl von Ärzten auf, bis der passende Spezialist endlich gefunden wird,

und erhalten dabei durchschnittlich zwei bis drei Fehldiagnosen. Um die Situation von Patienten mit seltenen Erkrankungen zu verbessern, sind in Deutschland seit 2009 an nahezu allen Universitätskliniken Zentren für seltene Erkrankungen eingerichtet worden, in denen die Situation von Menschen mit seltenen Erkrankungen durch die enge Zusammenarbeit von Spezialisten verschiedener Fachgebiete und eine enge Verknüpfung von Krankenversorgung und Forschung verbessert werden soll. Aber was ist eigentlich eine seltene Erkrankung? Nach der europäischen Definition gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen davon betroffen sind. Schätzungsweise gibt es bis zu 8.000, teils sehr komplexe seltene Erkrankungen, die 6–8 % der Bevölkerung betreffen. Europaweit leiden somit zwischen 27 und 36 Millionen Menschen an einer solchen Krankheit. Gebündelt können sich seltene Erkrankungen in der Bedeutung daher mit den großen Volkskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs messen. Dieses Buch soll Ihnen als Leser einige interessante Fälle vermitteln, Sie an der Spurensuche beteiligen und somit Ihre Sichtweise auf seltene Erkrankungen erweitern. Denn ab und zu kommt bei Hufgetrappel eben doch auch mal ein Zebra und kein Pferd vorbei … Seien Sie gespannt! Ihr Martin Mücke

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