Aus der Industrie - Gezielte Desinfektionsmassnahmen durchfuehren anstatt mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen

Aus der Industrie - Gezielte Desinfektionsmassnahmen durchfuehren anstatt mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen

HYGIENE COMPACT Aus der Industrie Gezielte Desinfektionsmaßnahmen €hren anstatt mit durchfu Kanonen auf Spatzen zu schießen Noroviren, Clostridium di...

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HYGIENE COMPACT

Aus der Industrie Gezielte Desinfektionsmaßnahmen €hren anstatt mit durchfu Kanonen auf Spatzen zu schießen Noroviren, Clostridium difficile oder Grippeviren wie H1N1 sind in Form brisanter Medienberichte Teil des allt€aglichen Lebens geworden. Weltweit steigende Infektionszahlen aufgrund vermehrter Mobilit€at der Weltbev€olkerung sind l€angst allgemein bekannt. Durch die Anzahl der Berichte €uber diverse Infektionskrankheiten und Hygieneskandale in Krankenh€ausern steigt die Angst des Personals im Gesundheitsdienst und nicht zuletzt auch der Patienten, sich mit krankmachenden Erregern zu infizieren.  Weil es nicht f€ ur alle

Infektionserkrankungen Impfungen oder Medikamente gibt, bleiben neben dem Tragen von Schutzkleidung - gezielt angewendete Hygienemaßnahmen nach wie vor die einzige M€oglichkeit der Pr€avention. Empfehlungen zu geben, welche hygienischen Pr€aventionsmaßnahmen bei diversen Infektionsrisiken m€oglichst praxisnah anzuwenden sind, ist Aufgabe der Hygienebeauftragten und der regional zust€andigen Gesundheits€amter sowie des Robert Koch-Instituts. Doch auch die Industrie, wie zum Beispiel Hersteller von Medikamenten und Desinfektionsmitteln, sollten ihrer Verpflichtung nachkommen, fachgerechte Verbraucherinformation bereitzustellen, und als kompetente und seri€ose Berater zur Verf€ugung stehen.

Verantwortungsvolles Handeln - beim Einsatz von Desinfektionsmitteln unerl€ asslich Im Falle akut auftretender Infektionskrankheiten muss anhand des

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aufgetretenen Erregertyps entschieden werden, welche Pr€aventivmaßnahmen sinn- und vor allem wirkungsvoll sind. Dies setzt fundierte Kenntnisse der Erregereigenschaften voraus. Dieses Fachwissen ist auch bei der Organisation der t€aglichen hygienischen Routinemaßnahmen wichtig. Nur der gezielte und wohl €uberlegte Einsatz wirksamer Desinfektionsmittel ist effektiv. Verantwortungsvolles Handeln heißt auch, f€ur anwenderfreundliche Bedingungen zu sorgen und zus€atzliche Belastungen f€ur Personal, Patienten und Dritte zu vermeiden. Im akuten Fall ist das Infektionsrisiko nur schwer abzusch€atzen und vor der Untersuchung eines Patienten oft gar nicht bekannt. Daher ist es umso wichtiger, auf die konsequente Einhaltung der Basishygiene zu achten. Zu den praktischen Maßnahmen der Basishygiene z€ahlen vor allem die hygienische H€andedesinfektion, das Tragen von Einmalhandschuhen und - je nach Arbeitsbereich - erforderlicher Schutzkleidung (z.B. Mundschutz, Einwegkittel), die regelm€aßige Fl€achendesinfektion und die fachgerechte Desinfektion von medizinischen Instrumenten und Ger€aten. Der Eigenschutz des Personals muss bei allen hygienischen Maßnahmen immer im Vordergrund stehen. Wird dieser Anspruch bedingungslos erf€ullt, minimiert dieses Verhalten automatisch das generelle Infektionsrisiko f€ur Personal und Patient.

Anwenderfreundliche Pr€ aventivmaßnahmen erleichtern den Alltag in der Praxis Neben der Compliance der Anwender heißt verantwortungsvolle Infektionspr€avention auch: Die Auswahl des Desinfektionsmittels muss sich nach den gegebenen Erfordernissen richten. So ist es beispielsweise nicht notwendig, wegen des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung gem. §18 IfSG (z.B. Norovirus Infektion) ein Desinfektionsmittel mit der Konzentration und Einwirkzeit aus der RKI-Liste zu verwenden. Die Verwendung RKI gelisteter Produkte in den dort angegebenen Anwendungskonzentrationen ist lediglich

Krh.-Hyg. + Inf.verh. 32 Heft 5 (2010): 168–172 http://www.elsevier.de/khinf

f€ur beh€ordlich angeordnete Seuchenf€alle gem€aß §18 IfSG vorgesehen. Beim Auftreten von Norovirus-Infektionen ist es gem. der RKI - Empfehlung nicht notwendig ein Produkt aus der RKI-Liste zu verwenden, lediglich wird vom RKI die Verwendung von Desinfektionsmitteln mit einer nachgewiesenen viruziden Wirkung gefordert, deren Wirksamkeit gem€aß EN 14476 oder DVV Pr€ufmethode best€atigt wurden. Es ist nicht immer Ziel f€uhrend, das gr€oßtm€ogliche Wirkspektrum zu fordern, sondern ratsamer, f€ur den jeweiligen Bereich, angemessene Desinfektionsverfahren durchzuf€uhren. So reicht f€ur die t€agliche Routinedesinfektion patientenferner Oberfl€achen in unkritischen Bereichen die Verwendung eines aldehydfreien Fl€achendesinfektionsmittel im 1Stundenwert mit einer nachgewiesenen Bakterizidie und Levurozidie gem. VAHListung und einem begrenzt viruziden Wirkspektrum gem. RKI- Empfehlung i.d. R. aus. Selbst beim Auftreten der viel diskutierten Infektionen mit MRSA (Methicillin/Multi - Restistenter Staphylococcus Aureus) ist die Verwendung eines Desinfektionsmittels mit gem€aß VAH-Liste bakterizidem Wirkspektrum v€ollig ausreichend. Verst€arktes Augenmerk sollte vielmehr auf den eigenverantwortlichen Personalschutz durch eine gute H€andehygiene und das Tragen von Schutzkleidung gelegt werden als auf allumfassende Wirkspektren von Desinfektionsmitteln.  Denn die meisten Infektionen

werden nach wie vor durch mangelhaft durchgef€uhrte H€andedesinfektion verursacht und nicht aufgrund unzureichender Wirksamkeiten von Desinfektionsmitteln.

Nur akzeptierte Desinfektionsmittel werden eingesetzt Bekanntlich k€onnen Infektionen beim Menschen durch direkten oder indirekten Kontakt mit erregerhaltigem Material entstehen. Um eine Infektionsverbreitung zu verhindern, ist eine sorgf€altige H€andedesinfektion notwendig. Neben dem Wirkspektrum eines H€andedesinfektionsmittels sind die

Hautvertr€aglichkeit und die Benutzerfreundlichkeit f€ur den Anwender von essentieller Bedeutung. Sobald ein Desinfektionsmittel zu Hautirritationen oder Hautsch€aden f€uhrt, wie es beispielsweise von einigen viruziden H€andendesinfektionsmitteln bekannt ist, wird das Produkt in der Praxis nicht angewendet. Diese Nicht-Akzeptanz f€uhrt dazu, dass die erforderliche Infektionspr€avention nicht stattfindet. Die fatale Konsequenz: Das Produkt wird deshalb h€aufig nicht benutzt und stellt damit sogar ein Infektionsrisiko dar.  Nur ein angewendetes Produkt

kann auch wirken! Wer also Desinfektionsmittel pr€aventiv mit maximalem Wirkspektrum verwenden m€ochte, erreicht oftmals das Gegenteil. Unabh€angig davon, ob es sich um H€ande-, Fl€achen- oder Instrumentendesinfektionsmittel handelt: Stets sollte das ,,Minimierungsprinzip‘‘ gelten, um erforderliche Infektionspr€avention, Anwendersicherheit, Patientenschutz und Kosteneffizienz in Einklang zu bringen. In der j€ungsten Vergangenheit konnten beispielsweise innovative Neuentwicklungen wie die des antimikrobiellen Wirkstoffs Glucoprotamin R und des Wirkstoffsystems PerOxyBalance R von Ecolab zur wirkungsvollen Infektionspr€avention bei gleichzeitiger Steigerung des Personalschutz und der Anwenderfreundlichkeit beitragen. Die Entwicklung des Wirksystems PerOxyBalance R zum Beispiel vereint das breite, gegen Viren, Bakterien, Pilze, Mykobakterien und sogar gegen Bakteriensporen aktive Wirkspektrum der Peressigs€aure mit einer pHneutralen, sehr gut materialvertr€aglichen Anwendungsl€osung ohne die aggressiven und f€ur den Anwender gef€ahrlichen Nebenwirkungen einer sauren, fl€ussigen Peressigs€aure aufzuweisen. Weitere Informationen zu den Entwicklungen Glucoprotamin R und PerOxyBalance R finden Sie bei Interesse im Internet unter www.ecolabhealthcare. de Quelle: Ecolab Deutschland GmbH Anna-Maria Spr€unken Reisholzer Werftstraße 38-42

40589 D€usseldorf Tel.: 0211 9893-798 E-Mail: Anna-Maria.Spruenken@ecolab. com

Intensivstationen am Limit Schwerwiegender klinischer Verlauf von Patienten mit akutem Lungenversagen durch Schweinegrippe € Arzte behandelten im Jahr 2009/ 2010 mehr als 100 Menschen auf deutschen Intensivstationen, bei denen das Schweinegrippe-Virus H1N1 ein akutes Lungenversagen €st hatte. Darunter waren ausgelo auch viele junge Menschen. Bei fast jedem zweiten, der am sogenannten Acute Respiratory Distress Syndrome €mmliche (ARDS) litt, reichte die herko maschinelle Beatmung nicht aus und erforderte den Einsatz von zus€ atzlichen extrakorporalen €tzungssystemen. Lungenunterstu Mehr als 50 Prozent der Patienten, die mit solchen extrakorporalen €tzungssystemen Lungenunterstu behandelt werden mussten, starben. Das zeigen erste Zwischenergebnisse einer Analyse des deutschen ARDSNetzwerks. Sie dokumentierten mithilfe eines bundesweiten Melderegisters die zus€atzliche Belastung von Intensivstationen durch Patienten mit akutem Lungenversagen in Folge einer Schweinegrippenvirusinfektion. Wie € Arzte Betroffene mit akutem Lungenversagen optimal versorgen, ist daher Thema auf dem Hauptstadtkongress der Deutschen €r An€asthesiologie und Gesellschaft fu Intensivmedizin (DGAI) vom 16. bis 18. September 2010 in Berlin gewesen. Als sich die Neue Grippe im vergangenen Sommer und Herbst in Europa ausbreitete, lieferte lediglich die Situation auf der S€udhalbkugel erste Anhaltspunkte hinsichtlich der Bedeutung f€ur die Intensivstationen. In Australien und Neuseeland kamen im Jahr 2009 nach einer H1N1-Infektion bis zu 15 Mal mehr Menschen wegen Atemproblemen auf eine Intensivstation als in den Jahren

zuvor durch andere virale Erreger. ,,Bei 30 Prozent dieser Patienten war das Lungenversagen so schwer, dass die herk€ommliche maschinelle Beatmung nicht mehr ausreichte‘‘, erl€autert Professor Claudia Spies, Direktorin der Klinik f€ur An€asthesiologie an der ChariteUniversit€atsmedizin Berlin. Eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff € k€onnen Arzte in solchen F€allen nur mit speziellen Lungenunterst€utzungssystemen, sogenannter extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO), erreichen. Die Anzahl dieser extrakorporalen Lungenunterst€utzungssystemen ist auf deutschen Intensivstationen jedoch begrenzt. Daher traf das deutsche ARDS-Netzwerk Vorkehrungen. Mit einem interdisziplin€aren Projekt erforscht es die F€alle akuten Lungenversagens an bundesweit etwa 40 Krankenh€ausern. Ein web-basiertes Melderegister h€alt dabei freie Therapiepl€atze fest. ,,So konnten wir regionale Engp€asse vorhersehen und koordinieren‘‘, erl€autert Dr. med. Steffen Weber-Carstens, Oberarzt an der Klinik f€ur An€asthesiologie der Charite. An Schwerpunktzentren wie etwa der Charite Berlin, der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universit€atsklinik Regensburg mussten € Arzte zu Spitzenzeiten €uber mehrere Wochen bis zu acht Patienten zeitgleich mit einer ECMO behandeln. Insgesamt ben€otigten 50 Prozent der ARDSPatienten diese spezielle Behandlungstechnik. Die aktuelle Zwischenbilanz der Analyse des ARDS-Netzwerks zeigt außerdem, dass €ahnlich wie in Australien und Neuseeland beatmete Patienten mit durchschnittlich 43 Jahren auff€allig jung waren. Die Sterblichkeit der Betroffenen von etwa 40 Prozent sch€atzen Experten der DGAI als sehr hoch ein. Ganz anders war die Situation in den Praxen. Hier waren die F€alle von Schweinegrippe mit einer mittleren saisonalen Influenzawelle vergleichbar. Große Mengen des Impfstoffs Pandemrix stehen daher immer noch in den Lagern. Welche Beatmungssysteme den Verlauf der Krankheit verbessern, welche Komplikationen auftreten k€onnen und wie das Leben von ARDS-Patienten nach der Intensivstation aussieht, er€ortern Experten auf dem Hauptstadtkongress der Deutschen Gesellschaft f€ur An€asthesiologie und Intensivtherapie (DGAI) vom 16. bis 18. September 2010 in Berlin.

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